612-RüAp

Rückfrageapparat 612

Auf Basis des Apparatetyps 612 (611er mit Erdtaste) entstand diese interessante Konstruktion des Rückfrageapparats 612. Ein “normales” Telefon, welches gleich auf zwei Amtsleitungen geschaltet werden konnte - oder auf eine Amtsleitung und eine Nebenstelle oder alle sonst erdenklichen Kombinationen.

Rückfrageapparat RüAp 612
Rückfrageapparat RüAp 612
Rückfrageapparat RüAp 612

Rückfrageapparat 612 von SEL, Bj. 1965

Manche bezeichneten den Rückfrageapparat auch als Doppelapparat, was die grundlegenden Funktionen schon recht gut beschreibt. Im Prinzip handelte es sich beim RüAp 612 um einen Apparat, der zwei Anschlußleitungen bedienen / verwalten konnte, allerdings nur über eine Hör- und Sprechkreis - Einheit und über einen Nummernschalter. Er konnte aber noch mehr, und daraus resultiert der Name “Rückfrageapparat”, denn während man auf der einen Leitung ein Gespräch führte, konnte man zwischendurch auf die andere Leitung umschalten (zB. für Rückfragen), ohne dass die Verbindung auf der ersten Leitung dafür unterbrochen wurde. Man konnte also über die zweite Leitung, die einen völlig eigenständigen Anschluß darstellte, mit eigener Rufnummer, anderswo beispielsweise Rückfragen halten und sich danach dann wieder in die erste Leitung zurück schalten, um dort das begonnene Gespräch fort zu führen. Natürlich konnte man auf der zweiten Leitung auch ankommende Gespräche annehmen, während man auf der ersten Leitung ein Gespräch führte (oder umgekehrt). Bestehende Verbindungen auf jeder der beiden Leitungen konnte man aber auch während eines Gesprächs auf der jeweils anderen Leitung durch Knopfdruck auslösen / abwerfen, ohne gleich den Handapparat auflegen zu müssen, was ja beide Leitungen ausgelöst hätte. Mit der Erdtaste konnte man natürlich auch in entsprechenden Nebenstellenanlagen “das Amt” holen oder sonstige Schaltvorgänge auslösen (je nach Beschaltungsart). Die eine Erdtaste (mittig) wirkte auf beide Anschlußleitungen, immer auf die, die über die rote Taste gerade aktiv war.

 

Auf dem größeren Bild sieht man die Tasten schön:

1) rote Taste links = Anschlußleitung 1 aktivieren

2) weisse Taste links = Anschlußleitung 1 auslösen

3) weisse Taste mitte = Erdtaste

4) weisse Taste rechts = Anschlußleitung 2 auslösen

5) rote Taste rechts = Anschlußleitung 2 aktivieren

Darüber links Schauzeichen 1 für Belegungsanzeige der Anschlußleitung 1 und rechts Schauzeichen 2 für Belegungsanzeige der Anschlußleitung 2.

Die Belegungsanzeige über die Schauzeichen erfolgte nur dann, wenn man in der jeweils anderen Leitung aktiv eingeschaltet war, damit man sehen konnte, dass auf der zweiten Leitung auch noch eine Verbindung besteht. Beim Auflegen des Handapparates wurden beide Verbindungen (sofern zwei bestanden) ausgelöst und ebenso beide roten Tasten in Ruhelage zurück gebracht.

In Betrieben waren diese Apparate sehr oft so geschaltet, dass auf der ersten Anschlußleitung (linke rote Taste) ein Hauptanschluß der Post angelegt war und auf der zweiten Anschlußleitung (rechte rote Taste) eine Nebenstelle der betriebseigenen Nebenstellenanlage. Wenn nun z.B. ein Kunde auf der Leitung 1 anrief und spezielle Fragen hatte, konnte man auf der Leitung 2 in die Nebenstellenanlage hinein wählen und im Betrieb einen kompetenten Ansprechpartner für die Frage anrufen, ohne die Leitung 1 mit dem Kunden auflegen zu müssen. Nach Klärung der Frage konnte man sich dann wieder zurück in die Leitung 1 schalten und dem Kunden die entsprechende Antwort geben oder ggf. ihn auch (mit Hilfe der Erdtastenfunktion) mit der enstprechenden Nebenstelle im Betrieb durchverbinden (bei entsprechender Konfiguration der Nebenstellenanlage). Umgekehrt ging natürlich auch, wenn jemand auf Leitung 2 auf der Nebenstelle aus dem Betrieb anrief und irgendwelche Dinge hatte, die von außen her geklärt werden mussten, dann konnte die Bedienkraft zugleich über Leitung 1 nach außen telefonieren. - Das wurde z.B. gerne in Betrieben so gehandhabt, in denen die internen Nebenstellen keine “Amtsberechtigung” hatten, die also über ihre eigene betriebsinterne Nebenstelle sich kein Amt holen konnten, also nicht durch eigenes zutun (z.B. Erdtaste drücken oder Wahl der 0) nach außen ins Postnetz telefonieren konnten.

Der Apparat besaß im kleinen Wandbeikasten einen Einschalen - Glockenwecker, der in der Regel bei einem Anruf auf der Anschlußleitung 1 klingelte, sowie im Apparateinneren eine Wechselstrom - Schnarre, die in der Regel bei einem Anruf auf der Anschlußleitung 2 rasselte. (Die Zuordnung von Wecker und Schnarre zu Leitung 1 oder 2 konnte man intern durch umstecken verändern.) So konnte man schon am Klang gleich erkennen, ob ein Anruf auf Leitung 1 oder 2 ankam.

Man sieht, solch ein scheinbar simpler Rückfrageapparat eröffnete für damalige Verhältnisse schon enorme Möglichkeiten.

Rückfrageapparat RüAp 612, innen
Rückfrageapparat RüAp 612, innen

links:

Der RüAp 612 in geöffnetem Zustand

Fabrikat SEL, Bj. 1965

Zur besseren Sicht auf das Innenleben, zeigt das obere Foto ihn mit ausgebautem Nummernschalter. Die Kontaktpakete der vorderen Tasten befinden sich bei genauer Betrachtung in einer Linie mit den roten Tasten, unterhalb der beiden Schauzeichen. Mittig erkennt man sehr schön die Wechselstromschnarre, die Anrufe auf einer der beiden Leitungen signalisiert (meist so konfiguriert, dass sie die Anrufe auf der zweiten Leitung ankündigt).

Einen Großteil des Innenraums nimmt die hintere Anschlußplatte mit ihren Steckstiften ein, da hier ja schon etliche Anschlußpunkte zusammen kommen.

Auf dem unteren Foto der gleiche Apparat mit eingebautem Nummernschalter. Die Farbänderung innerhalb des Bildes kommt daher, dass das obere Foto mit Blitz geschossen wurde und das untere nicht.

Rückfrageapparat RüAp 612, Anschlussleiste
Rückfrageapparat RüAp 612, Nummernschalter

oben rechts das kleine Detailfotos zeigt die Anschlußleiste

links:

Der Nummernschalter im ausgebauten Zustand, er entspricht dem gleichen Typ, wie er im normalen FeTAp 611 auch verwendet wurde.

rechts noch ein Detailfotos der Wechselstromschnarre.

So eine Wechselstromschnarre ist im Prinzip eine normale (1500-Ohm-) Weckerspule mit Anker aber ohne Klöppel und ohne Glockenschale. Das beim Ruf entstehende Geräusch ist ein markantes, niederfrequentes Rasselgeräusch, (je nach verwendeter Rufstromart mit 25 oder 50 Hz) mit absolut konstantem Klangbild und nicht zu vergleichen mit dem Klang eines Summers. Da liegt im Prinzip auch der Unterschied zwischen Schnarre und Summer. Beim Summer entstehen die Schwingungen über einen Selbst-Unterbrecherkontakt an seinem Anker, die meist einen höheren, oft leicht unangenehm - schrillen und etwas unkonstanten Ton erzeugen, wobei der Summer dieser Bauart normalerweise sowohl mit Gleichstrom, als wie auch mit Wechselstrom

Rückfrageapparat RüAp 612, Schnarre

funktioniert, während die Schnarre nur mit Wechselstrom funktioniert. Beim Anlegen einer Gleichspannung würde sie nur ein einmaliges Klackgeräusch abgeben (ähnlich wie ein anziehendes Relais). Auf dem Foto erkennt man auch sehr schön den 1 µF - Kondensator der Schnarre rechts. Die Schnarre weist somit die gleichen Anschlußwerte wie ein normaler Apparatewecker auf.

Rückfrageapparat RüAp 612, Wandbeikasten, offen

links:

Der kleine Wandbeikasten zum Anschließen. Oben (hier links) der Glockenschalen - Wecker (meist an der ersten Anschlußleitung aufgeschaltet), in der ersten Reihe kabelseitig die Anschlüsse für zweiten Wecker, Anschlußleitung 1 a+b, Erdtaste, Anschlußleitung 2 a+b; darüber in der mittleren Anschlußreihe die Anschlüsse für die sogenannte A2 - Schaltung, die mit beiden Anschlußeinheiten auch möglich ist, dabei kann man an a1 / b1 und a2 / b2 jeweils noch einen weiteren, nachrangigen separaten Apparat für jede der beiden Anschlußleitungen anschließen, der sich z.B. in einem anderen Raum befindet. Nachrangig das heisst, sobald von hier dem Rückfrageapparat die entsprechende Leitung

belegt wird, wird der jeweilige an a1 / b1 und a2 / b2 angeschlossene Apparat über zusätzliche Kontakte an den roten Amtstasten  abgeschaltet, dh. der Rückfrageapparat hat in dieser Anordnung immer Vorrang und schaltet den jeweiligen nachrangigen Apparat “tot” sobald die entsprechende Leitung vom Rückfrageapparat belegt wird. Evt. gerade bestehende Verbindungen / Gespräche können dabei unterbrechungsfrei vom Rückfrageapparat übernommen werden. Diese A2 - Schaltungen wurden u.a. auch gerne von kleinen Betrieben genutzt, wo dann der zweite, nachrangige Apparat z.B. in der nebenan liegenden Wohnung des Inhabers aufgestellt wurde und er in der Freizeit dort dann immer noch die Anrufe entgegen nehmen konnte, ohne sich gleich eine deutlich teurere Nebenstellenanlage installieren lassen zu müssen. Im Gegensatz zu einer Nebenstellenanlage konnte man hier natürlich nicht von dem nachrangigen Apparat mit dem Rückfrageapparat intern telefonieren, wenn der Rückfrageapparat auf der gleichen Leitung aktiv war, war, wie oben schon erwähnt, der nachrangige Apparat völlig “tot” geschaltet und hörte nur noch das “Schweigen im Walde”.

Rückfrageapparat RüAp 612, Leitung 1 wartet, Leitung 2 aktiv belegt Rückfrageapparat RüAp 612, Leitung 2 wartet, Leitung 1 aktiv belegt

oben: so sieht es aus, wenn in einer Leitung ein Anrufer noch zB. auf Antwort wartet, während man in der anderen aktiv selbst irgendwo anruft (zB. um Rückfrage zu halten). Das Schauzeichen signalisiert, dass in der zugehörigen Leitung ebenfalls noch eine Verbindung besteht, wo eben jemand zB. auf Antwort wartet.

Weitere Detailinfos zum RüAp 612 folgen in den nächsten Tagen.