Relais

Neben den Teilen, aus denen sich die Telefonapparate zusammen setzen, sind sicherlich die Relais mit die typischsten Bauteile der Fernmeldetechnik. Ohne Relais wäre eigentlich gar nichts gelaufen, könnte man sagen.

Flachrelais 

Das Standardbauteil in der damaligen Vermittlungs- und Nebenstellenanlagentechnik der Post

Flachrelais
Flachrelais, Rückseite
Flachrelais, Wicklungsbeschriftung

Flachrelais kann man als das am häufigsten in der damaligen Fernmeldetechnik der Post vorkommende Bauteil bezeichnen. Man kann sagen, dass damals nahezu alle Hersteller von Fernmeldetechnik auch Flachrelais in dieser Bauweise herstellten und verwendeten. Einige Firmen, wie z.B. T & N etablierten in ihren Nebenstellenanlagen darüber hinaus auch Ovalrelais (siehe weiter unten), aber die meisten nutzten auch in diesem Bereich das Flachrelais.

Flachrelais wurden natürlich nicht nur in Fernmeldeanlagen der Post verwendet, ebenso in Anlagen und Stellwerkssteuerungen der Bahn fand man sie häufig und, wenn auch seltener, gelegentlich in Industriesteuerungen. Je nach Bedarf konnten sie mit entsprechenden Kontaktpaketen bestückt werden. Die Wicklung verfügte über 6 Anschlußlötösen, was die Möglichkeit bot, ein Relais mit bis zu 3 galvanisch getrennten, eigenständigen Wicklungen auszurüsten. Es gab natürlich auch welche mit noch mehr Wicklungen, die dann aber teils innerlich miteinander verschaltet waren. Neben den Wirkwicklungen wurden teils auch Widerstandswicklungen gleich mit aufgebracht, wenn der Einsatzzweck in der Schaltung derartige Widerstände erforderte.

Weitere Informationen zu den Flachrelais sowie ihren unterschiedlichen Typen und Ausführungen folgen in einiger Zeit


Rundrelais / Doppelrundrelais

In verschiedenen Bereichen, besonders des Fernwählsystems 62, wurden auch häufig Doppelrundrelais eingesetzt.

Doppelrundrelais
Doppelrundrelais, seitlich

Natürlich gab es nicht nur Doppelrundrelais, sondern auch einfache Rundrelais dieses Bautyps, die dann so ziemlich exakt der Hälfte dieses Bauteiles entsprachen. Der Vorteil dieser Relaisbauformen war vor allem der geringere Platzbedarf gegenüber den Flachrelais. Weiterhin war die Ansprechgeschwindigkeit etwas höher (also die Verzögerung zwischen Anlegen der Spannung an der Spule und dem Durchschalten der Kontakte geringer) und der Energiebedarf zur Betätigung der Relais war auch niedriger, was aber damals sicher noch eine eher untergeordnete Rolle spielte. Trotzdem alles drei Punkte, die für deren Einsatz an all den Stellen und Baugruppen sprachen, wo sehr viele Relais geballt auf einem begrenzten Raum gebraucht wurden.

Doppelrundrelais, Vorderseite
Doppelrundrelais, Schrägansicht

Diese Rundrelais gab es mit einer oder zwei Relaiswicklungen auf dem Anker. Die hier gezeigte Ausführung verfügt, wie man auf dem Datenaufdruck sieht, nur über jeweils eine Wicklung pro Relaisankter mit 2.000 Ohm, 15.000 Windungen aus 0,07 mm starkem Kupferlackdraht.


Hier ein recht ungewöhnliches und relativ seltenes Bauteil:

Ein Wechselstrom - Relais vom Typ WRel 22

Wechselstromrelais WRel 22, linke Seite
Wechselstromrelais WRel 22, rechte Seite
Wechselstromrelais WRel 22, Spulenseite

Wechselstrom - Relais WRel 22 von Siemens, Baujahr 1928

Dies ist zwar eigentlich kein typisches Bauteil aus der Fernmeldetechnik, aber dennoch nach den dort üblichen Bauregeln hergestellt und auch in weitestem Sinne dort eingesetzt worden. Dieses Wechselstromrelais diente dazu, 220 Volt / 50 Hz - Wechselstromimpulse oder Wechselstromschaltvorgänge in gleichstromschaltbare Impulse bzw. Schaltvorgänge umzuformen und das ohne jede Form von Gleichrichterdioden oä. Bauteilen, die zur Zeiten seiner Entwicklung nahezu völlig unbekannt waren.

Wechselstromrelais WRel 22, Anker

Die Anordnung und Bauweise seiner beiden Relaisspulen sorgt, trotz Wechselspannung, für ein gleichmässiges Magnetfeld, welches den oberen Anker sicher anziehen lässt. Auch schnelle Schaltvorgänge sind erstaunlicherweise mit diesem relativ großen und massigen Bauteil möglich. Das hier vorliegende Relais ist für eine Wicklungs - Betriebsspannung von 220 Volt (also der üblichen Netzspannung) konstruiert. Es gab ähnliche natürlich auch für fast alle gewünschten Wechselspannungen, je nach Einsatzzweck. Wenn man bedenkt, dass die Entwicklung auf das Jahr 1922 zurück geht, hier das Relais selbst stammt von 1928, dann wird schnell klar, dass dies damals die preiswerteste Möglichkeit war, ein Relais mit Wechselspannung zum anziehen zu bringen, denn Dioden im Sinne von Halbleiterdioden (Germanium, Silizium u.ä.) gab es derzeit noch überhaupt nicht und selbst die ab den 30iger Jahren gelegentlich aufkommenden Selen - Gleichrichterdioden waren zu dieser Zeit noch wesentlich teurer, als ein solch aufwendiges Relais. Der Einsatz von Gleichrichterröhren, die es schon gab, wäre auch sehr aufwendig, teuer und wartungsanfällig gewesen, nur um ein normales Gleichstromrelais zum Ansprechen zu bringen, also entstand diese spezielle Relaiskonstruktion, die so oder so ählnlich auch in vielen zeitgenössischen Industriesteuerungen eingesetzt wurde. Das hier vorliegende Relais ist sehr gut erhalten und noch voll funktionstüchtig.


Ovalrelais

Ovalrelais
Ovalrelais von oben

Neben den “posttypischen” Flachrelais waren wohl die Ovalrelais mit die am häufigsten vorkommenden Relaistypen in der Fernmeldetechnik zwischen 1950 und etwa 1975.

Soweit bekannt ist, hatte die Firma T & N diesen Relaistyp entwickelt und setzte ihn auch verstärkt ein, besonders in Nebenstellenanlagen, aber sie waren auch gelegentlich in der “normalen” Vermittlungstechnik dieses Herstellers zu finden.

Der Name Ovalrelais kommt daher, weil die Form des Eisenkerns, um den die Wicklung ist, oval ist. Laut damaligen Unterlagen brachte das unter bestimmten Umständen Vorteile mit sich, sowohl gegenüber dem altbekannten Rundrelais, als wie auch gegenüber dem bekannten Flachrelais. Das Aufbauprinzip ähnelt dabei mehr dem Rundrelais, mit Klapp- / Wippanker. Die Vorteil gegenüber dem Flachrelais sollten vor allem sein, die schnellere Ansprechgeschwindigkeit (also geringere Zeitverzögerung), aufgrund der geringeren Massen die beim Ansprechen zu bewegen waren, die etwas kompaktere Bauweise (vor allem niedrigere Bauhöhe), der etwas geringere Leistungs- / Energiebedarf, der zum Ansprechen notwendig ist (ca. 20 - 30 % niedriger als beim Flachrelais), aber vor allem, die deutlich niedrigere Geräuschentwicklung, also “leiseres Klappern” was bei Nebenstellenanlagen durchaus wichtig war, die beim Kunden in Büro- oder gar Privaträumen standen. In Sachen Robustheit standen sie dem Flachrelais in nichts nach.

Die hier abgebildete Schiene mit Ovalrelais stammt aus einer T & N - Großnebenstellenanlage, hier speziell handelt es sich ausnahmslos um R und T - Relais, also die Relais eines jeden Nebenstellenanschlusses (Rufrelais und Ansprechrelais). Wie man an der braunen Wicklungsfolie erkennt, handelt es sich um Relais, die etwa vor 1963 gefertigt wurden, weil spätere Ausführungen weisse und / oder violette, später teils auch türkisgrüne bzw. blaugrüne Folien hatten. Die Schiene nebst Relais befindet sich noch im Auffindezustand, sie hatte nach ihrer Ausmusterung über 30 Jahre lang ungenutzt auf Lager gelegen.

Man kann sagen, dass es von fast allen gängigen Nebenstellenanlagentypen (ZwW 161, 180, 322 etc.) auch technisch fast baugleich aufgebaute Ausführungen des Herstellers T & N gab, die sich von den Konkurrenzfabrikaten nur dadurch unterschieden, dass sie mit diesen Ovalrelais, anstatt mit den sonst üblichen Flachrealis bestückt waren. Diese Anlagentypen waren dann meist mit einem kleinen “a” hinter der Typenbezeichnung gekennzeichnet (z.B. ZwW 161a).

Ovalrelais
Ovalrelaisschiene

links:

die komplette Schiene, hier mit 12 R + T - Relais - für entsprechende Nebenstellenanschlüsse, sowie rechts einem Thermorelais.


Zählrelais

Zwei 24 Volt - Zählrelais

Es sind Relais und eigentlich auch wieder nicht: die Zählrelais. Nicht zu verwechseln mit den Zählmagneten (siehe Seite Wähler). Hier zwei kurze 24 Volt - Ausführungen der Firma Merk von 1966.

Normalerweise versteht man unter einem Relais ja ein Bauteil, welches z.B. mit schwachen Strömen, die an der Spule eintreffen, die entsprechenden Schaltinformationen mittels seiner Kontakte in stärkere Ströme in anderen Stromkreisen umformt oder weiterleitet. Zu einem Relais gehören gemeinhin also normelerweise immer mindestens eine Spulenwicklung und mindestens ein Kontakt, meistens aber mehrere Kontakte.

Das trifft so auf das Zählrelais nicht zu. Das Zählrelais ist genau genommen ein reines Anzeigegerät. Der Aufbau auf der Spulenseite ist allerdings mit einem normalen Relais identisch, hier hat man eine Wicklung (oder bei manchen Ausführungen auch zwei) und einen Anker, aber eben keinerlei Kontakte. Mit dem Anziehen des Ankers wird ein Rollenzählwerk weiter geschaltet. Mit jedem Anziehen und Abfallen um einen Zählschritt weiter, es werden also Impulse gezählt, könnte man sagen.

rechts:

Hier sieht man sehr schön das beschriebene Innenleben. Eine kurze Spule mit Anker, der über einen Betätigungssteg (auf dem Bild mittig ganz oben kaum sichtbar) das hier vierstellige Rollenzählwerk mit jedem Impuls um jeweils einen Anzeigeschritt weiter schaltet.

Es gab auch drei-, fünf-, sechs- und siebenstellige Zählrelais sowie welche für verschiedene Spannungen und mit mehreren Wicklungen, weiterhin welche mit Rückstell - Taste (auf 0) und sogar welche, die zusätzlich noch einen kleinen Kontakt hatten.

24 Volt - Zählrelais von innen

Am meisten verbreitet waren die größeren (meist grauen) Ausführungen der Zählrelais in den Vermittlugnsstellen zur Erfassung der anfallenden Gebühren, wo diese Zähler dann blockweise monatlich abfotografiert wurden und in der Gebührenerfassungsstelle ausgewertet wurden, danach bekamen die Kunden dann ihre Telefonrechnung zugeschickt.

Die hier abgebildeten 24 - Volt Zählrelais waren für besondere Zählzwecke in einer Nebenstellenanlage installiert.


Relaisschienen

- oder wie Relais eingebaut waren

kleine Relaisschiene

links:

Natürlich mussten die Relais in den Vermittlungsstellen und in sonstigen Anlagen ja irgendwie eingebaut werden. Dafür gab es spezielle Relaisschienen in unterschiedlichen Größen, die ihrerseits dann in größeren Stückzahlen in Gestellrahmen eingebaut wurden. Diese Gestellrahmen reichten fast “von der Decke bis zum Boden” und wurden ihrerseits wieder in Gestellreihen eingebaut. Meistens hatten die Relaisschienen dann noch eine Staubschutzkappe aus Blech oder Blech mit Glas - Sichtfenster für besondere Anwendungszwecke oder später teils auch aus Klarsicht - Kunststoff.

Hier eine sehr kleine Relaisschiene.

rechts:

Die sehr kleine Relaisschiene im geöffneten Zustand. In dieser Kleinbauweise fanden maximal fünf Flachrelais Platz, in der vorliegenden Ausführung sind vier Flachrelais und der fünfte Einbauplatz ist mit einer Anschluß - Lötösenplatte belegt.

Die Verdrahtung der Relaisschienen und der Gestellrahmen fand auf der Rückseite statt.

kleine Relaisschiene, offen
kleine Relaisschiene, Sonderbauform

links:

Hier eine spezielle andere Bauform einer kleinen Relaisschiene, wie sie für besondere Einbaulagen und teils früher für Hebdrehwähler - Relaissätze verwendet wurde. Diese Bauform fand man allerdings in späteren Wählersälen der EMD - Technik kaum noch, höchstens eben für besondere Einbauplätze für Sonderzwecke. Der Vorteil dieser Ausführung war, dass sie auch auf der Rückseite, wo die Verkabelung ist, eine aufgeschraubte Abdeckplatte (oft aus dickem Pertinax) besaß, die vor Staubbefall schützte. Wenn diese Bauform mit normalen Flachrelais bestückt wurde, passten bis zu sechs Stück davon hinein.

rechts:

Diese spezielle Relaisschiene beherbergt ungewöhnlicher Weise verschiedene Bauteileserien, die man so in diesem Zusammenhang in einer Einheit nur sehr selten findet. Vorne links ein Zählmagnet, daneben rechts ein Thermorelais, dann oben links ein Reed - Relais, welches Kontakte besitzt, die in Glasrohre mit Schutzgas eingeschmolzen sind und die selbst magnetisch wirksam sind (zu diesen speziellen Reedrelais folgt später mehr) und oben rechts ein Doppelrundrelais. Eine etwas ungewohnte Zusammenstellung. Das Ganze hier ist keine ehemalige Postanlage, sondern eine alte Zentral - Ampelsteuerung bzw. ein Teil davon, obwohl der Aufbau technisch sehr an “Posttechnik” erinnert.

kleine Relaisschiene, Sonderbauform, offen

Das waren alles nur kleine Relaisschienen, die in den Vermittlungsstellen der Post eigentlich eher seltener anzutreffen waren. Die üblichen Relaisschienen waren wesentlich breiter und boten (je nach Bauweise) in zwei übereinanderliegenden Reihen Platz für 10 bis 20 Relais, ähnlich der oben unter Ovalrelais abgebildeten Schiene. Davon gab es auch noch Doppelbauformen mit vier übereinanderliegenden Reihen mit entsprechend mehr Einbauplätzen. Dazu soll später noch ein kurzer Beitrag folgen.